Strategie ist vor allem eins: die Kunst, zu möglichst vielen Dingen Nein zu sagen. Gerade zu Beginn eines Projekts, wenn die Ideen zahlreich und die Ressourcen begrenzt sind, ist eine klare Fokussierung unfassbar wichtig.
- Die Bedeutung von Strategie und welche Fragen sie beantworten sollte
- Die Unterschiede zwischen Begriffen wie Strategie, Purpose, Vision, Taktik und Mission
- Wie man einen agilen Strategieprozess mit OKRs implementiert und welche Rollen dafür benötigt werden
- Input
- Darum solltet ihr eine klare Strategie haben
- Operating Rythm: Den Raum öffnen, um ihn schließen zu können
- Begriffsklärung: Strategie, Purpose, Vision, Taktik, Mission – was ist eigentlich was?
- So funktionieren Objectives & Key Results
- Umsetzung
- Diese Rollen braucht ihr für gute Strategiearbeit
- So entwickelt ihr euer eigenes OKR-Set
- Das Strategie-Set von Neue Narrative
- Strategie-Review: Die Strategie aktualisieren
Input
Darum solltet ihr eine klare Strategie haben
Alle Unternehmen stehen vor dem Problem, dass es eine riesige Menge an Dingen gibt, die sie umsetzen könnten. Das führt oft dazu, dass sie sich verzetteln. Eine gute Strategie zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie den wichtigsten Themen Priorität gibt und alle anderen auf einen späteren Zeitpunkt verschiebt – oder ihr geht sie bewusst gar nicht an. Gerade wenn ihr über einen längeren Zeitraum mit begrenzten Ressourcen arbeitet, müsst ihr gut darin sein, Nein zu sagen.
Eine Strategie zu haben bedeutet, auf folgende Fragen eine Antwort zu haben:
Eine Strategie übersetzt den Zweck eines Unternehmens, also das, was langfristig erreicht werden soll, in eine mittelfristige Perspektive: Wo möchtet ihr am Ende des Jahres stehen? Welche Ziele müssen auf dem Weg dorthin erreicht werden? Welche Prioritäten und Fokusbereiche ergeben sich daraus?
Der Sinn einer Strategie besteht vor allem darin, Kräfte in eine Richtung zu bündeln und diese Richtung beizubehalten. Ihr solltet nicht jeden Tag neu überlegen müssen, wohin eure Reise gehen soll. Gerade in komplexen und dynamischen Umfeldern ist es jedoch mindestens genauso wichtig, flexibel genug zu bleiben, die Richtung anzupassen, falls dies nötig ist. Denn eine detaillierte Meilensteinplanung für ein ganzes Jahr wird schnell von der Realität überholt. Zu viel Planung kann auch dazu führen, dass die Menschen im Team aufhören, mitzudenken und neue Informationen oder Erkenntnisse in ihre Entscheidungen einfließen zu lassen.
Daher ist es bei der Strategiearbeit immer wichtig, abzuwägen, wie viel Planung, Klarheit und Ausrichtung einerseits gebraucht wird, um gut arbeiten zu können. Und wie viel Freiheit und Flexibilität andererseits gebraucht wird, um in einem komplexen Umfeld gut navigieren zu können.
Operating Rythm: Den Raum öffnen, um ihn schließen zu können
Wenn ihr eure Strategie entwickelt, tretet ihr einen Schritt zurück und blickt auf das große Ganze. Ihr nehmt euch die Zeit, zu bewerten, wo ihr gerade steht, wie sich die Umgebung verändert hat, in der ihr euch bewegt und was das für eure Planung nach vorne bedeutet.
Ihr öffnet den Raum, evaluiert eure Möglichkeiten, verengt den Raum dann wieder, legt Prioritäten fest und schafft neue Klarheit.
Basierend auf dieser Klarheit könnt ihr euch dann auf die Umsetzung fokussieren. Ihr sorgt mit voller Energie für Ergebnisse und verändert eure Realität. Am Ende des Umsetzungszyklus wechselt ihr wieder in den Strategiemodus: Ihr bewertet eure Ergebnisse, öffnet den Raum, schafft neue Klarheit – und geht basierend darauf wieder in die Umsetzung.
Eure Strategie sollte zu Beginn so simpel sein, dass ihr schnell Ergebnisse erzielt, die jede*r versteht: Was sind eure aktuellen Fokusgebiete? Was wollt ihr in diesen Fokusgebieten erreichen? Nach jedem Umsetzungszyklus evaluiert ihr dann auch euren Strategieprozess an sich und entwickelt ihn weiter.
Begriffsklärung: Strategie, Purpose, Vision, Taktik, Mission – was ist eigentlich was?
Rund um Strategie gibt es ein regelrechtes Begriffschaos. Hier sind ein paar der wichtigsten Begriffe und ihre jeweilige Bedeutung:
Strategie
das Gesamtbild an Zielen und anderen Priorisierungen, mit dem ihr euch steuert, euer aktueller Plan
Purpose
euer Daseinsgrund und das ultimative Ziel, das ihr mit eurer Organisation erreichen wollt; die Strategie sollte immer zum Purpose passen, und bei Unsicherheit hilft der Purpose bei einer Entscheidung
Vision
euer Bild, wo ihr in 3-5 Jahren stehen wollt; als Teil des Strategieprozesses lohnt es sich, die Vision mindestens einmal im Jahr auf den neuesten Stand zu bringen
Mission
euer Auftrag, den ihr erfüllen wollt, ähnlich wie der Purpose; eure Mission ist vor allem für die Außenkommunikation geeignet, der Purpose dient euch eher intern und ist für Außenstehende nicht zwangsläufig verständlich
Ziel
ein Zustand, den ihr in einem Zeitraum (z.B. in einem Quartal oder einem Jahr) erreichen wollt; Ziele sollten immer SMART formuliert sein, also vor allem konkret, messbar und erreichbar sein
So funktionieren Objectives & Key Results
Es gibt viele Möglichkeiten und Modelle, eure Gedanken zur Strategie zu sortieren. Bei Neue Narrative arbeiten wir seit einigen Jahren mit Objectives & Key Results (Abk.: OKRs). Das Framework ist besonders für Strategiearbeit in dynamischen Kontexten geeignet. Im Gegensatz zu planbaren Projekten mit reproduzierbarem Ablauf geht es beim Arbeiten mit OKRs um die Umsetzung großer Vorhaben mithilfe von Hypothesen.
Zwei Begriffe musst du dir dafür unbedingt merken:
Beispiel: Ein Objective könnte sein, dass ihr eure Autor*innen als Personenmarken bekannt machen wollt. Messbare Key Results dazu wären u.a.
- X.000 neue Follower*innen auf Personenseite bei LinkedIn
- X neue Personen-Newsletter sind live
- X Expert*innengespräche bei anderen Medien durchgeführt
Jedes OKR-Set hat ein ganz bestimmtes Muster. Es besteht aus drei Objectives, in denen jeweils drei Key Results liegen:
Umsetzung
Diese Rollen braucht ihr für gute Strategiearbeit
Strategiearbeit klingt oft nach einer Aufgabe, die nur besonders wichtige Menschen bewältigen können. Die Zukunft vorherzusehen und heute zu entscheiden, wie der Weg dorthin aussehen kann, das können nur wahre Visionär*innen und Strateg*innen 🤠.
Die Wahrheit ist aber: Strategie ist vor allem ein Handwerk. Ihr braucht dafür ein paar Routinen, Tools und den Mut, Entscheidungen zu treffen. Niemand weiß, wie die Zukunft aussehen kann. Jede Priorisierung ist eine Entscheidung unter Ungewissheit. Gerade in komplexen Umgebungen ist es daher sinnvoll, dass möglichst viele kompetente Menschen über Strategie nachdenken. Die Arbeit sollte nicht von ein oder zwei vermeintlich genialen Strateg*innen allein im Elfenbeinturm gemacht werden.
Schafft am Anfang ein paar Rollen, die wichtige Teile der Verantwortung der Strategiearbeit übernehmen. Eine Beispiel-Rolle findest du unten:
So entwickelt ihr euer eigenes OKR-Set
Mit der untenstehenden Übung könnt ihr nun Schritt für Schritt euer eigenes OKR-Set entwickeln. Viele Teams durchlaufen einen solchen Prozess viermal im Jahr. Wir finden, dass dreimal im Jahr völlig ausreicht. (Wenn etwas Großes und Unerwartetes passiert, das eure Strategie maßgeblich beeinflusst, könnt ihr immer noch einen außerordentlichen Prozess durchführen.)
Am Ende der Übung habt ihr einen ersten OKR-Prototyp entwickelt, den ihr immer weiter schärfen könnt. Tatsächlich hängt der Erfolg von OKRs zumindest teilweise davon ab, wie gut die Ziele formuliert sind. Die folgenden zwei Checklisten sollen als Formulierungshilfen dienen:
Das Strategie-Set von Neue Narrative
Unten findest du ein echtes Strategie-Set von Neue Narrative aus dem Jahr 2022. Unsere drei Objectives lauteten damals:
- Wir knacken die 1.5 Mio. € Umsatz
- 9 Spaces hat Product-Market-Fit
- People & Ops professionalisiert
Zu jedem Key Result lassen wir uns einen Fortschrittsbalken anzeigen. Die Tags Auf Kurs
und Reinhängen
geben uns eine Schnellübersicht, ob wir mit dem Key Result dort stehen, wo wir stehen wollen.
Du findest das Strategie-Board als Vorlage im Template-Bereich. Übertrage es jetzt in deine eigene Arbeitsumgebung und fülle es mit deinen eigenen Zielen.
OKRs sind für Medienorganisationen herausfordernd. Und genau deshalb gut.
Sie zwingen Teams dazu, radikal zu priorisieren und Sachen nicht weiter zu verfolgen, die man nur macht, weil man sie immer schon gemacht hat. Der erste Prozess ist häufig ruckelig, mit jeder Schleife wird es aber einfacher, ein OKR-Set aufzustellen.
Nicht alle wichtigen Neuentwicklungen sind messbar. Versucht es trotzdem.
Ein Beispiel: Ihr wollt im nächsten Tertial ein neues Content-Format etablieren. Überlegt, wie ihr schrittweise messbar machen könnt, wie ihr mit Blick auf dieses Ziel vorankommt. Es wird euch Klarheit verschaffen.
Strategie ist nicht dafür da, aufzuschreiben, was ihr alles macht.
Sie soll lediglich das abbilden, was sich verändern soll. Insofern ist jedes OKR-Set löchrig, große Teile eures operativen Alltags finden sich darin nicht wieder. Das ist okay.
Wählt nur so viele Ziele, wie ihr wirklich braucht.
Das Grundgerüst von OKRs wirkt sehr geschlossen: Ihr braucht drei Objectives und je drei Key Results. Bei Neue Narrative weichen wir in Zeiten, in denen wir viel Fokus brauchen, von dem Muster ab und formulieren nur zwei Objectives.
Es müssen sich nicht alle Menschen in der Strategie wiederfinden.
Gerade zu Beginn versuchen viele Teams, für jedes Team-Mitglied ein Key Result zu finden. Die Realität ist aber, dass nie alle Mitglieder strategisch relevante Themen vorantreiben. Das macht ihren Job nicht weniger wichtig.
Die Ziele müssen zu den Menschen in eurem Team passen.
In der Theorie sollen OKRs superambitioniert sein: Es ist schon ein riesiger Erfolg, wenn ihr 70% des formulierten Ziels erreicht, 100% sind quasi unmöglich. Das soll motivieren. Tut es aber nicht immer. Schaut also, was zu eurem Team passt und formuliert die Ziele so, dass sie euch inspirieren.
Strategie-Review: Die Strategie aktualisieren
Strategiearbeit ist ein Prozess und endet nicht, sobald die strategischen Ziele formuliert sind. Dann geht es erst richtig los. Macht nicht den Fehler und rennt Zielen hinterher, die längst überholt sind.
Eine monatliche Strategie-Review hilft euch dabei, die Strategie ständig zu aktualisieren und aktiv zu werden, sobald ihr merkt, dass ihr gerade in die falsche Richtung lauft. Im Vorfeld zum Termin sollten alle Key-Result-Owner*innen ihre Updates notieren, sprich: Sie halten ihren aktuellen Fortschritt entlang folgender Fragen zu ihrem Key Result fest:
- Was ist bisher passiert?
- Was hat dich auf dem Weg, dein Key Result zu erreichen, aufgehalten?
- Was hast du gelernt? Brauchst du irgendwo Unterstützung?
Die obigen Fragen sind fester Bestandteil eines Key-Result-Tickets. Du findest sie auch in dem Template, das du oben herunterladen kannst.
In einem gemeinsamen Meeting geht ihr die einzelnen Key Results durch. Der oder die Key-Result-Owner*in teilt kurz, was in dem Key Result passiert ist. Nach jedem Ziel gibt es eine kurze Runde, in der alle Anwesenden Verständnisfragen stellen können. Im Anschluss fragt die Rolle Strategie-Facilitator: „Passt die Formulierung und der Scope des Key Results noch oder möchtest du etwas anpassen?“
Dann geht es weiter zum nächsten Key Result.
Die Key-Result-Owner*innen übernehmen Verantwortung. Das ist ziemlich toll. Sie gehen ein Wagnis ein, weil sie ein strategisches Ziel vorantreiben, das sich nicht vollends planen lässt. Versucht, das zu berücksichtigen.
Bei der Strategie-Review geht es nicht um Rechtfertigung, sondern immer nur darum, gemeinsame Klarheit zu gewinnen. Wenn die Realität nicht so funktioniert, wie ihr es euch gewünscht habt – und das ist eher die Regel als die Ausnahme – plant um. Es ist völlig okay, ein Key Result nach der Hälfte des Tertials umzuformulieren oder sogar komplett herunterzupriorisieren.