Mit einer klaren Strategie baut ihr nicht einfach irgendwas, sondern das Richtige.
- Warum du ohne Produktstrategie früher oder später ins Leere baust
- Was die wichtigsten Bausteine einer guten Produktstrategie sind
- Wie du Schritt für Schritt zu deiner eigenen Strategie kommst
Templates in diesem Lernpfad:
- Product Field
- Input
- Warum du eine Produktstrategie brauchst
- Produktstrategie = Ziel + Spielfeld + Spielzüge
- Warum sich Produktstrategie lohnt – gerade für kleine Teams
- Die Bausteine einer guten Produktstrategie
- Umsetzung
- Wie du deine Produktstrategie sichtbar machst
- So baut ihr eure Produktstrategie
- Abschluss: Deine nächsten Schritte
- Über den Autor: Andreas Spiegler
Input
Warum du eine Produktstrategie brauchst
Wenn du morgens deinen Laptop aufklappst, das Büro oder virtuelle Standup betrittst, sollte jedem klar sein: Woran arbeiten wir und weshalb genau daran?
Denn hier setzt eine gute Produktstrategie an: Sie hilft euch als Team, eure Ambitionen in Handlungen zu übersetzen. Mit ihr könnt ihr begründet „Verdammt, ja!“ oder „Nein, lieber nicht“ zu Ideen sagen. Und sie gibt Orientierung in einem Umfeld, das sich ständig ändert – besonders für Medienorganisationen, wo Aufmerksamkeit umkämpft, Zielgruppen fragmentiert und Wettbewerbsdruck hoch ist.
Ob Newsletter, Paywall, App oder Podcast: Ohne klare Produktstrategie besteht die Gefahr, ins Leere zu bauen. Zwar veröffentlicht ihr Feature um Feature, optimiert an der Oberfläche, aber verliert den Blick für das große Ganze. Statt strategisch zu handeln, wird nur noch reagiert. So kann es schnell passieren, dass ihr Monate in die Weiterentwicklung eines Video-Players investiert („YouTube macht das doch auch so“), um die Nutzung zu steigern, obwohl eigentlich die darüber ausgespielten Inhalte der Grund für die geringe Interaktionsrate sind. Darüber nachzudenken wäre deutlich wertstiftender für eure Organisation.
Produktstrategie = Ziel + Spielfeld + Spielzüge
Eine gute Produktstrategie ist keine Post-it-Wand mit Ideen, kein Feature-Backlog und auch kein Dashboard mit vielen großen Zahlen. Strategie bedeutet: Du hast ein Ziel, das du mit deinem Produkt für eine bestimmte Zielgruppe erreichen willst. Du kennst dein Spielfeld, auf dem ihr euch bewegt und vom Markt unterscheidet. Und du entscheidest dich bewusst für bestimmte Spielzüge, um erfolgreich zu sein.
Sie wirkt nach innen, weil sie Fokus schafft, Prioritäten ermöglicht und Entscheidungen erleichtert.
Und sie wirkt nach außen, weil sie beschreibt, wie sich dein Produkt im Wettbewerb durchsetzt – nicht durch Masse, sondern durch Relevanz. Die Produktstrategie ist die Grundlage für die Produktentwicklung (Wie bauen wir es?) und das Geschäftsmodell (Wie verdienen wir Geld?).
Oder wie Melissa Perri sagt: „Die Produktstrategie ist ein System erreichbarer Ziele und Visionen, die zusammenwirken, um das Team auf erwünschte Ergebnisse sowohl für das Unternehmen als auch für Ihre Kunden auszurichten.“
Warum sich Produktstrategie lohnt – gerade für kleine Teams
Vielleicht denkst du dir jetzt: „Klingt alles sinnvoll… aber brauche ich das schon zu Beginn?“. Die gute Nachricht: Produktstrategie muss kein riesiger Prozess sein. Du brauchst keine glänzenden PowerPoint-Folien, keine Unternehmensberatung, kein Strategie-Offsite.
Was dir aber hilft, ist ein klarer Gedanke und die Lust, im Team über eure Ausrichtung zu diskutieren. Eine Produktstrategie entsteht nicht in einem einzigen Workshop, sondern wächst mit eurem Produkt. Sie wird besser, je mehr du ausprobierst, teilst und daran arbeitest.
Jede Stunde, die ihr in strategische Klarheit investiert, spart euch zig Stunden zielloser Umsetzung und Diskussionen über den nächsten Schritt. Es geht darum, kostbare Energie auf das Richtige zu lenken.
Investiert ihr Zeit und Energie in eine Produktstrategie, erhaltet ihr:
- Orientierung & Klarheit: Euer Team weiß, warum ihr was tut
- Priorisierung & Fokus: Alle ziehen am selben Strang
- Wettbewerbsvorteil: Euer Produkt hebt sich bewusst vom Markt ab
- Bewusste Entscheidungen: Strategisch statt opportunistisch
- Lernfähigkeit: Produktstrategie ist eine Hypothese, die iteriert wird
Wenn ihr mit eurem Produkt wirklich etwas bewirken wollt, dann lohnt es sich, strategisch zu denken. Schritt für Schritt. Kein großes Theater. Sondern praktische Denkarbeit.
- Wunschzettel an Features, denn wir wollen Willkür verhindern und nachvollziehbare Entscheidungen treffen
- Sammlung an Kennzahlen und KPI, denn Metriken zeigen Fortschritt, aber keine Richtung
- Poster an der Wand, denn Strategie muss im Arbeitsalltag aufgegriffen und ständig hinterfragt bzw. angepasst werden
- „Für alle alles“-Mentalität, denn wer sich nicht entscheidet, verliert den Fokus und sticht am Markt nicht heraus
Die Bausteine einer guten Produktstrategie
Eine gute Produktstrategie muss nicht kompliziert sein. Sie sollte euch aber ins Denken und Reden bringen. Dabei können Fragen helfen, wie sie A.G. Lafleyn und Roger L. Martin in „Playing to Win“ formulierten. Jede dieser Fragen lädt euch ein, Entscheidungen zu treffen. Und das Beste: Ihr könnt einfach anfangen – mit ein paar Notizen, Hypothesen und Diskussionen.
Was wollt ihr erreichen? (Winning Aspiration)
Was ist euer übergeordnetes Ziel – für eure Nutzer*innen, für eure Organisation, für die Gesellschaft? Es geht nicht um vage Visionen oder bloße Traffic-Ziele, sondern um eine ambitionierte, aber greifbare Ambition. Etwas, das eurem Team eine Richtung gibt und zeigt, woran ihr Fortschritt erkennt.
Stellt euch die Frage: Was soll sich durch unser Produkt für die Menschen verändern?
Denkt in Outcomes, nicht in Outputs. Es geht nicht um „20 Artikel pro Monat“, sondern um Wirkung: „Wir wollen, dass 10.000 junge Menschen in Norddeutschland regelmäßig unseren Newsletter lesen und dabei (wieder) Vertrauen in unabhängigen Journalismus aufbauen.“
In welchem Spielfeld bewegt ihr euch? (Where to Play)
Nicht alle sind eure Zielgruppe. Nicht jeder Markt passt zu euch. Fragt euch: Wo seid ihr relevant? Für wen seid ihr nützlich? Wo erreicht ihr sie?
Das bedeutet: bewusste Entscheidungen treffen, statt für alle alles sein zu wollen. Macht dazu regelmäßig eine Wettbewerbsanalyse.
Wie setzt ihr euch durch? (How to Win)
Warum sollten Nutzer*innen euer Produkt wählen – und nicht ein anderes? Was macht euch besonders? Was macht ihr besser oder anders als die Konkurrenz?
Hier geht’s um euren strategischen Vorteil (USP). Das kann ganz unterschiedlich aussehen:
- Ein besonders gutes Nutzer*innen-Erlebnis
- Ein frischer inhaltlicher Fokus
- Nähe zu einer spezifischen Zielgruppe
- Ein starkes Vertrauensverhältnis
- Technologischer Vorsprung
Welche Fähigkeiten braucht ihr? (Core Capabilities)
Eine gute Produktstrategie ist nur umsetzbar, wenn ihr die nötigen Ressourcen, Kompetenzen und Partnerschaften habt. Fragt euch deshalb ehrlich: Können wir das, was wir uns vorgenommen haben, mit unserem aktuellen Team und Setup umsetzen? Wo brauchen wir Unterstützung oder neue Skills? Wie arbeiten Redaktion, Produkt und Technik zusammen?
Eine machbare Strategie ist besser als eine theoretisch perfekte.
Wie bleibt ihr auf Kurs? (Management Systems)
Produktstrategie ist kein fertiger Bauplan. Sie lebt davon, dass ihr regelmäßig überprüft, ob ihr euch noch auf dem richtigen Weg befindet. Es ist deshalb wichtig zu diskutieren, wie ihr Fortschritte messen wollt und wann ihr euch Zeit für Reflexion und Retrospektiven nehmt.
Diese fünf Fragen geben euch Struktur, ohne euch ein Korsett zu verpassen. Ihr müsst nicht sofort alles beantworten. Aber je klarer eure Antworten werden, desto besser könnt ihr eure Energie auf das richten, was wirklich zählt.
Umsetzung
Wie du deine Produktstrategie sichtbar machst
Strategie passiert nicht nur im Kopf – sie wird gemeinsam gedacht, diskutiert und sichtbar gemacht. Sie entsteht im Austausch und im Ringen um Klarheit.
Ein Werkzeug, das euch dabei unterstützt, ist das Product Field. Es hilft euch, eure Produktstrategie sichtbar, diskutierbar und weiterentwickelbar zu machen.
Dabei blicken wir auf folgende Aspekte:
Das Besondere an diesem Aufbau: Ihr arbeitet euch von innen nach außen. Ihr beginnt beim Wert, den ihr schaffen wollt und denkt dann über Märkte, Nutzer*innen, Ressourcen und Wirkung nach. Denn das Wertversprechen liegt in eurer Hand, das Umfeld lässt sich nur schwer beeinflussen. Tut uns leid.
Das Sichtbarmachen eurer aktuellen Produktstrategie soll euch dabei helfen blinde Flecken zu erkennen, euer momentanes Verständnis zusammenzubringen und die interne Sicht, aber auch den externen Blick auf euer Produkt zu visualisieren.
Produktstrategie ist kein Poster im Flur. Sie ist ein Gespräch, das ihr immer wieder miteinander führt.
So baut ihr eure Produktstrategie
Bevor ihr nun los sprintet: Macht euch im Vorfeld Gedanken, was ihr bereits über euer Produkt wisst. Was habt ihr in Experimenten gelernt? Welche Zahlen habt ihr gesammelt? Und welche Einblicke gewonnen?
Wir beginnen hier kein Einmal-Projekt, sondern etablieren einen kontinuierlichen Arbeitsmodus. Hier ist ein pragmatischer Ablauf, wie ihr eure Produktstrategie Schritt für Schritt entwickelt:
- Erkenntnisse und Daten sammeln
Bevor ihr mit einem Framework startet, müsst ihr wissen, wo ihr steht. Baut hierzu ein Verständnis über Nutzer*innen, Markt, Umfeld und eure eigenen Stärken. Sammelt dazu Einblicke und sprecht miteinander über Fragen wie:
- Was wissen wir über unsere Zielgruppen und ihre Bedürfnisse?
- Welche Markttrends und Wettbewerber sind relevant?
- Welche Daten und Signale haben wir gesammelt?
- Wo sehen wir Chancen – und wo Risiken?
Diese Phase legt die Grundlage für alles, was folgt. Nehmt euch Zeit, sauber zu beobachten und zusammenzutragen. Passende Methoden sind z.B. Nutzer*inneninterviews, Daten- und Wettbewerbsanalyse.
- Produktstrategie sichtbar machen und nächste Schritte planen
Jetzt beginnt ihr mit der eigentlichen Arbeit am Product Field. Das Tool hilft euch, die vielen Perspektiven zu bündeln und in eine konsistente, visuelle Produktstrategie zu überführen:
- Rahmen setzen (FRAME): Zeichnet das Product Field auf (analog oder digital), um einen gemeinsamen Bezugsrahmen zu schaffen. Sprecht darüber, weshalb ihr an einer Produktstrategie arbeitet (Argumente hast du nun hoffentlich einige).
- Wissen kartieren (MAP): Füllt das Product Field mit euren gesammelten Erkenntnissen. Startet außen, wenn euer Markt klar ist. Startet innen, wenn ihr schon eine Produktidee habt. Oder beginnt dort, wo euch gerade die meisten Fragen umtreiben. Lücken sind willkommen: Sie zeigen euch, wo ihr nachforschen oder nachschärfen solltet.
- Diskutiert die Spannungen und Leerstellen: Passt euer Wertversprechen zum Markt? Fehlen Ressourcen? Sind Ziele und Zielgruppen wirklich verbunden? So erkennt ihr Inkonsistenzen früh und macht sie sichtbar für alle. Identifiziert Stärken, Risiken und strategische Hebel. Wo könnt ihr den echten Unterschied machen? Welche Hypothesen sind entscheidend? Diskutiert bewusst die nächsten Schritte.
- Experimentieren und Produktstrategie anpassen
Eure Produktstrategie ist nie fertig. Sie lebt. Mit jeder Nutzer*innen-Reaktion, jedem Marktsignal, jedem Team-Feedback. Damit sie anwendbar bleibt, müsst ihr sie regelmäßig weiterentwickeln:
- Signale beobachten: Haltet Hypothesen, Nutzer*innenfeedback und Marktreaktionen fest.
- Diskussionen führen: Redet im Team regelmäßig über das große Ganze.
- Zielbild kommunizieren: Bettet eure nächsten Schritte in das Gesamtbild ein und stellt so die Verbindung aus Ambition und aktuellen Tätigkeiten her.
- Check-ins planen: Nutzt feste Rhythmen (z. B. quartalsweise), um Strategie und Realität abzugleichen.
Abschluss: Deine nächsten Schritte
Klingt erstmal viel? Keine Sorge: Eine gute Produktstrategie ist kein final-finales Dokument in Stein gemeißelt, sondern ein lebendiges Arbeitsinstrument. Sie hilft euch, Orientierung zu gewinnen, gemeinsam Entscheidungen zu treffen und eure Energie auf das zu konzentrieren, was wirklich zählt. Fangt einfach an mit dem, was ihr wisst. Notiert euer aktuelles Verständnis, besprecht dieses im Team und ergänzt nach und nach, was noch fehlt. Nutzt Tools wie das Product Field, um euer Denken sichtbar zu machen, Muster zu erkennen und im Dialog Klarheit zu schaffen.
Eine starke Strategie entsteht nicht am Schreibtisch, sondern im Austausch mit Kolleg*innen, Nutzer*innen und Stakeholdern. Sie wächst mit jeder Erkenntnis und jeder Veränderung am Markt. Überprüft sie regelmäßig und entwickelt sie weiter. Denn eine gute Produktstrategie ist kein Artefakt – sondern eine fortlaufende Tätigkeit. Die ganz schön viel Spaß macht und bestenfalls der Grund ist, weshalb ihr morgens motiviert und fokussiert den Laptop aufklappt. Denn es ist klar, was ihr macht. Und was ihr bewusst nicht macht.
Über den Autor: Andreas Spiegler
Produktmanager & Business Designer hallo@andreas-spiegler.de
Themen:
Produktentwicklung Geschäftsmodelle Journalismus Selbstorganisation User Experience Prozesse & Automatisierung
Als selbständiger Produktkomplize denkt Andreas Geschäftsmodelle gerne von Anfang an mit, konzipiert das Nutzenversprechen und begleitet die schrittweise Entwicklung. Unvoreingenommen, neugierig, interdisziplinär. Zuvor Produkt-/ Innovationsmanager in der Geschäftsleitung von brand eins, Produktmanager bei XING und UX-Designer bei IBM.
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